Die große Freiheit
Mit der Charteryacht über's Meer
Gibt es etwas schöneres als mit der eigenen Yacht über's Meer zu gleiten, in wunderschönen Buchten zu ankern und in lebhaften Marinas anzulegen? Um das zu erleben, muss man nicht gleich eine Yacht kaufen. Nahezu jeden Schiffstyp in jeder gewünschten Größe kann gecchachtert werden -– von der 7-Meter-Segelyacht mit einer Koje ab rund 400 Euro pro Woche bis zur 136-Meter langen "Flying Fox" mit doppeltem Helipad, 11 luxuriösen Kabinen, Aufzug, 12 Meter-Pool, 400 m2 Spa etc. und bis zu 55 Crew-Mitgliedern (!!) zum Mindestpreis von drei Millionen Euro pro Woche plus etliches an Nebenkosten, wie die Füllung des 682.500-Liter-Treibstofftanks.
Ganz so teuer muss es natürlich nicht werden. Deutschsprachige Segler geben laut Master Yachting, einer der führenden Yachtcharter-Agenturen in Europa, 870 Euro pro Person für einen einwöchigen Törn in Europa aus – inklusive Boot, Verpflegung und Liegegebühren. Lieblings-Revier ist Kroatien, weit vor Griechenland und Italien.
Wir wollten mehr wissen über das Chartern von Yachten. Reisegenuss sprach mit Peter Kollmann-Jehle, Senior-Manager von Master-Yachting.de. Das in Würzburg ansässige Unternehmen, das 2020 sein 30-jähriges Jubiläum feiern konnte, hat eines der umfangreichsten Charterangebote an Segelyachten, Katamaranen und Motoryachten weltweit. Das Portfolio umfasst über 22.000 Yachten in mehr als 300 Revieren in 46 Ländern.
Es gibt ja seit Corona einen Trend zu Urlaub in Apartment und Caravaning. Gab es auch beim Yachtcharter in dieser Saison mehr „Neulinge“ als sonst?
„Tatsächlich haben wir eine Steigerung des Neukundenanteils feststellen können, keine Frage. In Zeiten von Pandemie und Reisebeschränkungen war und ist das Reisen im kleineren, „geschlossenen“ Zirkel tatsächlich populärer geworden. Und wo kann ich besser entscheiden mit wem ich Kontakt habe als auf einer Yacht? In diesen Zeiten eigentlich eine ideale Reiseform.“
Was sollte jemand, der erstmalig ein Boot chartern möchte, generell beachten?
„Das hängt natürlich von mehreren Faktoren ab: zunächst einmal stellt sich die Frage nach den eigenen nautischen Fähigkeiten: Reichen meine Kenntnisse oder brauche ich einen Skipper? Das ist erstmal die grundsätzliche Frage. Dann spielt natürlich die Crewgröße und die Zusammensetzung eine Rolle: möchte ich mich mit dem Thema Segeln intensiver auseinandersetzen oder stehen Gemütlichkeit und Komfort im Vordergrund. Davon hängt dann auch die Schiffsgröße und der Schiffstyp ab. Für größere Gruppen und Familien bietet sich ein komfortabler Katamaran an, wer es eher klassisch und ein wenig sportlicher mag, der ist auf einer Segelyacht mit einem Rumpf besser aufgehoben. Wer aber am liebsten einfach auf dem Wasser ist, der kann auch zur Motoryacht greifen und unabhängig von der Windrichtung und -stärke reisen. Aber gerade beim Segeln gilt: der Weg ist mindestens genauso wichtig wie das Ziel, und wer einmal nur bewegt von den Kräften der Natur unterwegs war, der möchte in der Regel auch in Zukunft diese Erfahrung nicht missen.“
Die erste große Frage stellt sich sicherlich nach dem Revier. Kroatien hat ja anscheinend das mit Abstand größte Angebot. Allerdings hört man inzwischen von Gästen aus der Region vereinzelt auch Kritisches hinsichtlich zu viel Betrieb und Kosten. Welche Ziele in der Welt würdest Du generell für einen ersten relaxten und genussvollen Yachtcharter-Törn, bei dem man auch schöne Orte ansteuern kann, empfehlen? Gibt es vielleicht auch einen Geheimtipp?
„Klar, Kroatien ist und bleibt das Nummer 1 Einsteigerrevier für Yachtcharter. In keinem Revier der Welt gibt es eine bessere Infrastruktur für Chartersegler, sowohl was Wasser, Wind und Welle angeht als auch Logistik. Aber auch einige italienische und griechische Reviere eignen sich für die erste Tour. Mein Tipp, wenn auch nicht ganz so geheim: Griechenland – das Ionische Meer. Ideal für Einsteiger und eine der schönsten Ecken des ganzen Mittelmeers, mit idyllischen Inseln und traumhaften Häfen am Festland.“
Haben die gerade genannten Ziele auch hinsichtlich der Jahreszeit etwas, was man beachten muss?
„Wer es gerne ruhiger mag, der ist wahrscheinlich im ganzen Mittelmeerraum in der Früh- oder der Spätsaison am besten aufgehoben, Anfang Mai bis Mitte Juni oder dann ab der zweiten Septemberhälfte. Wer die Wettergarantie mitnehmen möchte und den bunten Mittelmeerflair in all seiner Lebendigkeit schätzt, der kommt im Juli und August voll auf seine Kosten, sollte sich aber am besten schon frühzeitig um seine Traumyacht bemühen, da in dieser Zeit die internationale Nachfrage natürlich am höchsten ist. Als Ganzjahresziele bieten sich beispielsweise die Kanarischen Inseln an, ein ansprechendes und auch manchmal anspruchsvolles Revier im Atlantik. Und Ziele wie die Türkei oder die griechische Ost-Ägäis sind problemlos noch im späten Oktober geeignet für den ein oder anderen Badestopp in einer Traumbucht.“
Hat man sich als Urlauber auf ein oder zwei mögliche Ziele festgelegt, kommt die Frage nach dem Bootstyp: Monohull, also eine Segelyacht mit einem Rumpf, Katamaran (Schiffe mit zwei Rümpfen) oder sogar Motoryacht. Welcher Bootstyp eignet sich für wen? Was sind die Vor- und Nachteile?
„Nun, klassische Monohulls und Katamarane haben beide ihre Fangemeinde. Etwas eleganter kommt von außen betrachtet natürlich die einrümpfige Segelyacht daher, die sich auch im Segelverhalten von den Katamaranen unterscheidet. Noch Unentschlossene sollten das Boot einfach auf ihre Bedürfnisse, die Art des geplanten Urlaubs und das Revier abstimmen: Für den badelastigen Urlaubstörn, flachere Gewässer wie die der Karibik, viel Lebensraum an und unter Deck, wenig Krängung (Schräglage) ist ein Katamaran die richtige Wahl, für den sportlichen Törn, intensives Segeln und viel Lage hingegen ein Monohull. Bei einem Monohull kann ein kürzerer Kiel in vielen Ferndestinationen, in denen es schnell flach wird, von großem Vorteil sein. Und wer viel in Buchten ankert, erlebt meist trotz Schwell im Katamaran eine etwas ruhigere Nacht. Und wer sich trotzdem nicht zwischen Mono- und Multihull entscheiden kann, für den gibt es jetzt auch ein neues Yachtkonzept, bei dem das Raumkonzept eines Kats auf einen Monohull ausgerollt wird. Das heißt: Es gibt keinen klassischen Salon mehr unter Deck, dafür viel Lebensraum inklusive Küche an Deck. In wärmeren Revieren ein toller Ansatz. Wer sich nur unter Motor fortbewegen und so schnell wie möglich von Ort zu Ort wechseln will, der ist sicher auf einer Motoryacht gut aufgehoben. Wer hierbei nicht auf den großzügigen Platz an Bord eines Kats verzichten möchte, der greift dabei am besten auf einen Powercat zurück – mit dem Komfort und anderen Eigenschaften ihrer Geschwister unter Segeln, aber ausschließlich angetrieben von Motorkraft.“
Generell kann man sagen, dass eine Motoryachten sicherlich die teuerste Alternative ist, auch wegen der Treibstoffkosten. Wie ist das bei hinsichtlich der Größe vergleichbaren Monohulls und Katamaranen?
„Katamarane haben tatsächlich einen etwas höheren Treibstoffverbrauch unter Motor als eine klassische Segelyacht. Aber beide sind ja eigentlich für die Fortbewegung unter Segel gemacht, so dass dies am Ende des Tages und bei passenden Wind und Wetterverhältnissen eigentlich nicht ins Gewicht fallen oder in den Entscheidungsprozess mit einbezogen werden muss und sollte.“
Die Preise variieren meines Erachtens vor allem je nach Bootsgröße, Bootsalter, Saison – und sicherlich auch der Region. Gibt es eine Richtgröße, was man mindestens für eine Woche bei einer Yacht mit vier Kabinen für eine Woche ausgeben sollte, sagen wir in der Vorsaison, Hauptsaison, Nachsaison?
„Das hängt natürlich immer vom Revier und dem Saisonzeitpunkt ab. Eine nicht brandneue Segelyacht um die 40 Fuß in einem Mittelmeerrevier bekomme ich in der Früh- oder Spätsaison schon für zwischen 1.300 und 1.600 Euro, ein Katamaran für um die 2.800 Euro. In der Hochsaison sieht dies anders aus: hier sind Preissteigerungen um bis zu 80 % möglich. Aber nicht vergessen: Das Ganze wird ja meist auf die Crew aufgeteilt.“
Bei der Auswahl im Web: Auf was sollte ein Neuling besonders achten?
„Als allererstes gilt: Für die Buchung einer Charteryacht sollte man sich – wie wohl bei allen wichtigen Entscheidungen – ausreichend Zeit nehmen, um sich zunächst einen guten Überblick verschaffen und anschließend alles genau durchlesen zu können. Dann besteht auch nicht die Gefahr, Kleinigkeiten zu übersehen, so zum Beispiel Extras wie eine Touristenabgabe. Manchmal sind diese obligatorisch, also verpflichtend, werden aber nicht sofort im Preis mit angezeigt. Bezahlen muss man sie allerdings auf jeden Fall. Das heißt beim anscheinend niedrigsten Preis auf solche Dinge achten, oder am besten Kontakt mit den Experten der Agentur suchen. Deren Erfahrung kann auf jeden Fall weiterhelfen. Je größer die Crew auf dem Törn ist, desto größer sollte außerdem der Zeitpuffer für Rücksprachen sein. Und: der frühe Vogel fängt die Yacht. Je früher man sich für den Yachturlaub entscheidet, desto größer ist das Angebot, aus dem ich schöpfen kann.“
Last but not least: Bei einem erstmaligen Charter macht es sicherlich Sinn, auch einen Skipper zu buchen. Es gibt je eine Vielzahl von diversen Kategorien für Bootsführerscheine in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Kann man sagen, was die Mindestvoraussetzungen sind, ein Boot ohne Skipper zu buchen?
„Deutschland: benötigt wird mindestens der SBF See in den meisten Destinationen. Hinzu kann auch immer noch eine landestypische Regelung kommen. So benötigt man in Kroatien z.B. verpflichtend einen Funkschein (z.B. SRC „Short Range Certificate“). Manche Charterfirmen verlangen zusätzlich ein sogenanntes „Sailing resumeé“, eine glaubhafte Zusammenfassung der bisherigen Segelerfahrung. Die sollte allerdings jeder vorweisen können, bevor er sich mit einem Segelboot auf den Weg macht. Für Österreicher sind relevant FB 2/3, für Schweizer Hochseeschein/fr. B-Schein. Dazu kommen, wie zuvor genannt, gegebenenfalls länderspezifische Erfordernisse."
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